
Der innere Schmerz. Damit hatte ich einen neuen Ansatz. Wer die entscheidenden Personen diesbezüglich in meinem Leben waren, darauf kam ich ziemlich schnell. Meine Eltern! Meine Mutter ist gestorben, als ich knapp 20 Jahre alt war. Bis jetzt hatte ich gedacht, damit sei ein Haken hinter der Sache. Doch dem war nicht so. Versteht mich bitte nicht falsch, es geht hier nicht darum, über Verstorbene schlecht zu sprechen. Doch der Tod alleine macht aus niemandem einen Heiligen.
Es steckt meist immer noch sehr viel Schmerz, Wut und Angst in einem, auch wenn es schon lange zurückliegt und man es nicht in den Frieden gebracht hat. Ich hatte mir vor ca. 3 Jahren schon mal die Verstrickungen zu meiner Mutter vorgenommen. Habe alles rausgeschrieben, in Form von Arschengel-Briefen, so wie es Robert Betz in seinen Büchern und Vorträgen oft erklärt. Das brachte mir schon enorm viel, doch ich hatte noch nicht alle Punkte berücksichtigt.
Mit meiner damaligen besten Freundin war immer wieder meine Verbissenheit Thema. Einerseits positiv, da ich dadurch bereits vieles in meinem Leben erreicht habe und mich sprichwörtlich gesehen immer wieder durchgebissen habe. Wenn ich beispielsweise Projekte angehe, wie Renovierungs-Arbeiten, oder wie schon beschrieben, allen das Gegenteil zu beweisen, dann verbeiße ich mich so sehr darin, dass ich keinerlei Ablenkung zulasse und so lange durchziehe, bis ich fast umfalle. Ich vergesse mich dann völlig selbst!
Genau so war es ja auch zuletzt auf der Arbeit. Kopf runter, fokussieren, keine Ablenkung, bis das Ziel erreicht ist. Zwar hat man mich dann gefeiert und auch im Privaten höre ich immer wieder, dass bewundert wird, was ich schon alles geschafft habe. Aber was ist der Preis dafür? Momentan sind es seit 4 Jahren immer wiederkehrende Schmerzen, für die ich jedoch selbst verantwortlich bin. Aber dazu später mehr!
Wo saß nun der innere Schmerz? Der innere Schmerz liegt bei mir darin, dass ich in meinem Leben immer wieder verlassen wurde. Meine Mutter war seit meinem 6. Lebensjahr alkoholabhängig. Sie war emotional häufig abwesend, da sie zu sehr mit ihrer Krankheit beschäftigt war. Sie war nicht sie selbst, denn Alkohol gehört nicht umsonst zu den bewusstseinsverändernden Drogen. Zunächst hat sie mich somit emotional verlassen, später bei der Scheidung meiner Eltern dann physisch, da ich aufgrund ihrer Sucht bei meinem Vater geblieben bin. Sie musste vorher zur Reha, auch hier war sie einfach weg, ohne dass meine Eltern mit mir darüber gesprochen haben. Kontaktverbot 3 Monate lang. Da war ich gerade mal 10. Mein Vater war emotional ebenfalls oft abwesend, weil es zu sehr weh tat. Dann starb meine Mutter als ich knapp 20 war an Bauchspeicheldrüsenkrebs. Wieder wurde ich verlassen. Knapp 10 Jahre später verlies mich auch mein Vater. Nicht völlig, sondern nur räumlich. Er wanderte aus nach Spanien und folgte damit seinem Traum.
Nachdem mir nun die Schmerzursache klar war, kam die Frage auf, wo ich mich denn selbst immer wieder verlasse? Diese Sichtweise bezieht sich auf die Spiegelgesetze. Wie im Innen, so im Außen. Hierbei geht es vor allem um Bewusstsein. Der körperliche Schmerz zeigt Dir letztlich, dass in Deinem Inneren etwas nicht im Frieden ist. Aus diesem Blickwinkel das Ganze für sich zu betrachten, hört sich vielleicht erstmal seltsam an. Doch ich glaube ganz fest daran, dass der seelische Zustand sich auch immer körperlich widerspiegelt.
Ich hatte somit einen neuen Ansatz, mit dem ich für mich arbeiten konnte. An bestimmte Punkte kam ich jedoch alleine nicht ran, da man sich selbst nur schwer reflektieren kann. Somit braucht es in bestimmten Situationen einfach den Blick von außen. Da ich im privaten Umfeld nicht mehr weiterkam, beschloss ich, mich wieder an meine damalige Therapeutin zu wenden.
Eine „Hausaufgabe“ meiner Therapeutin sorgte vor Kurzem dafür, dass mir wieder etwas durch das Visualisieren in Form von aufschreiben bewusst wurde. In mir hat sich ein sehr tief sitzender Glaubenssatz verankert. Dieser Glaubenssatz lautet:
Ich kann mich auf niemanden verlassen und muss es alleine schaffen!
Dieser aus meiner Kindheit stammende Glaubenssatz sorgt bis heute dafür, dass ich mich zum Beispiel sehr schwer damit tue Hilfe an zu nehmen. Heute nicht mehr so schlimm wie früher, aber er beeinflusst mich bis heute. Und, erschwerend kommt hinzu, dass wenn ich dann Hilfe zulasse und die Sache anders gehandhabt wird, als ich es machen würde, bin ich enttäuscht! Resultat daraus ist dann häufig, dass ich wieder in mein altes Schema zurückfalle. Du kannst Dich auf niemanden verlassen! Und somit frage ich dann nicht erneut, sondern mache es lieber selbst!
Diese Geschichte hat mit dem inneren verletzen Kind in mir zu tun! Ein Ansatz, dem sich in meinem Umfeld bislang nur wenige öffnen können. Und auch ich hatte anfangs meine Schwierigkeiten damit. Aber, es ist der Schlüssel zu ganz vielem! Um zu verstehen, weshalb man selbst in manchen Situationen so reagiert, wie man es eben tut. Für mich ist dieses Bewusstsein sehr kostbar! Dadurch kann ich in diesen Punkten an mir selbst arbeiten. Denn diesen Anspruch habe ich an mich selbst! Zur Verarbeitung brachte mich ein tolles Buch einen Quantensprung weiter. Das Kind in Dir muss Heimat finden von Stefanie Stahl. Darin geht es unter anderem um Dein Schatten- und Dein Sonnenkind. In dem Arbeitsbuch dazu wird wieder mit Verbildlichung agiert. Es geht um Glaubenssätze, die durch unsere kindliche Prägung so tief in uns sitzen, dass wir unbewusst immer wieder danach handeln.
Der innere Schmerz, der in mir saß, kam durch eine Meditation sehr deutlich zum Vorschein. Es ging darum, sein inneres Kind zu treffen. Stell Dir eine Situation aus Deiner Kindheit vor. Bei mir war es eine Szene in der Küche meines Elternhauses. Ich war 7 oder 8 Jahre alt. Jeden Tag, wenn ich von der Schule nach Hause kam, hatte ich Angst. Angst, weil ich nie wusste, in welchem Zustand meine Mutter von der Arbeit kam. Manchmal, wenn ich vor ihr zu Hause war, habe ich mich im Haus auf die Suche nach verstecktem Alkohol gemacht. Wenn ich welchen fand, versteckt hinter Tellern und Tassen, habe ich ihn ausgekippt. So auch in dieser Szene. Meine Mutter kam dann nach Hause, sah, was ich getan hatte und wurde böse. Es gab oft Streit deswegen und manchmal rutschte ihr auch die Hand aus.
Nun sollte das Erwachsenen-Ich in diese Szene mit eingreifen. Ich sah mich im Alter von 7 oder 8 Jahren dort stehen. Weinend vor meiner Mutter, die wütend und enttäuscht von mir war, da ich ihren Alkohol ausgeschüttet hatte. Ich stand vor ihr und war steif vor Angst -konnte nicht handeln. Mein Erwachsenen-Ich ging auf mich zu, ging in die Knie, um mit mir auf Augenhöhe zu sein, nahm mich in den Arm und sagte sehr liebevoll zu mir: Du bist jetzt nicht mehr alleine, ich beschütze Dich. Es wird alles gut! Ab diesem Zeitpunkt konnte ich meine Tränen nicht mehr zurückhalten, sie liefen mir einfach nur noch über die Wangen. Dabei empfand ich einen solchen Druck in meinem Kopf und meiner Brust, dass mir das Atmen schwer fiel. Es tat so unendlich weh! Und genau da war er, der innere Schmerz, der bis heute nicht verarbeitet war!!!
Ich fühlte mich als kleines Mädchen oft so allein gelassen, unerwünscht und ungeliebt. Mir fehlte die Wärme, Umarmungen und liebevolle Worte. Das Schlimmste war mit, dass ich ja mittlerweile selbst eine Tochter im fast gleichen Alter hatte. Das zerriss mir dann doppelt das Herz. Ich befand mich in dem Moment zwischen zwei Welten. Auf der einen Seite mein kleines Ich, welches schutzlos dieser Situation ausgeliefert war und auf der anderen Seite mein Tochter, die hoffentlich nie eine solche Erfahrung machen muss. Denn durch so etwas kann eine kleine Seele brechen!
Nach dieser krassen Erfahrung, die ich zum ersten Mal in meinem Leben gemacht habe, ging es nun darum, dass Ganze erstmal zu verarbeiten und für sich selbst in den Frieden zu bringen. Dazu gibt es eine schöne Weisheit: Ohne Deine Vergangenheit bist Du frei! Ich hatte nun also verstanden, dass dieser tiefe Schmerz mein inneres Kind betrifft. Wie so eine Aufarbeitung aussehen kann, dazu mehr in einem meiner nächsten Blog-Beiträge.
Fortsetzung folgt…