Gesundheit

Die männliche Seite – Schmerzen Teil 4

Manchmal verändert ein Satz einfach alles. So erging es mir letzte Woche. Der letzte Satz meines Osteopathen sorgte dafür, dass mein Kopf nicht mehr still stand.

„Wenn Männer die Elternzeit übernehmen bringt das etwas durcheinander!“

Nichts gegen die Emanzipation – doch das macht etwas mit der Frau – egal ob sie will oder nicht.

Damit hatte er unbewusst den Nagel voll auf den Kopf getroffen. Und zwar doppelt, wie sich herausstellen sollte. Bei uns hat mein Ex die Elternzeit gemacht und ich war der Alleinverdiener. Eigentlich fand ich das immer cool, denn ich wollte auch hier nie der Norm entsprechen. Und plötzlich ist dann doch alles anders durch einen einzigen Satz.

Mein Kopf rotierte, denn plötzlich wurde mir so einiges klar. Die Schmerzen bezogen sich zu 90% auf die rechte (männliche) Seite. Warum war das so? Ganz einfach! Da ich selbst viel zu oft auf der männlichen Seite unterwegs war.

Das, worauf ich lange so stolz war, schien hier mit die Ursache meiner Beschwerden zu sein.

Um die männliche und die weibliche Seite in diesem Blogbeitrag für Euch zu verbildlichen machte ich ein Selfie und hatte genau vor Augen, wie ich dies bearbeite. Gedacht, getan – Zack, fertig!

Beim Schreiben des Artikels und Einfügen des Fotos fallen mir allerdings mit ein wenig Abstand einige Details auf. Das Foto ist aus einer spontanen Idee entstanden und ich glaube nicht an Zufall. Von außen betrachtet erkenne ich folgendes:

Die rechte Seite ist besser zu erkennen, steht also deutlich im Vordergrund. Man sieht die Augenringe und die ernsten Gesichtszüge im Gesicht. Die Seite strahlt Kraft, Anstrengung, Strenge, Stärke und Dominanz aus.

Die linke Seite ist dunkler, unschärfer und die weichen weiblichen Züge kommen eher schlecht zur Geltung. Die Gesichtszüge sind nur schwer zu erkennen. Selbst auf diesem spontanen Foto steht meine weibliche Seite im Schatten der männlichen in mir.

Krass daran ist, dass das jetzt alles plötzlich Sinn macht. Ich bin von klein auf so geprägt.

Anders als der Norm entsprechend bin ich als Mädchen nach der Scheidung meiner Eltern bei meinem Vater aufgewachsen. Dadurch hatte ich seit meinem 12. Lebensjahr überwiegend ihn als Vorbild, an dem ich mich orientiert habe. Mein Vater war Handwerker durch und durch und es gab nichts, was er nicht selbst konnte.

Zu meiner Mutter hatte ich aufgrund ihrer Sucht lange ein schwieriges Verhältnis. Ich empfand sie schon damals oft als schwach und im wahrsten Sinne abhängig.

Natürlich war das nicht alles, was meine Mutter an mich weitergegeben hat. Als sie dann trocken war zeigten sich viele positive Eigenschaften, an denen ich mich orientieren konnte. Sie war klug, regelte ihre Angelegenheiten selbst und zeigte mir als Heranwachsende wie ein liebesvolles und umsichtiges Miteinander zwischen Mutter und Tochter funktioniert. Sie brachte mir bei, dass man Dinge vernünftig erklärt und diskutieren kann mit entsprechenden Argumenten.

Durch die räumliche Trennung blieb aber natürlich mein Vater meine Hauptbezugsperson. Hier verbrachte ich meine Kindheit und Jugend.

Ohne, dass irgendjemand etwas dafür konnte – denn solche Dinge passieren eben im Leben – löste diese Konstellation unterbewusst etwas in mir aus. Aus diesem Grund habe ich mir mal meine beiden Seiten in mir genauer angeschaut.

Die weibliche Seite in mir:

Wie verhält es sich nun also mit diesen weiblichen Eigenschaften bei mir? Spontan kann ich sagen, dass Fühlen, Empathie, Hingabe und Sinnlichkeit die Dinge sind, die ich tatsächlich liebe und und bis in jede Pore lebe. Gefühle, egal ob positiv oder negativ durchlebe ich sehr intensiv, wenn ich für etwas brenne, dann mit voller Leidenschaft und Hingabe, Sinnlichkeit lebe ich, da ich gerne Frau bin und nichts an sich am Frausein ablehne. Ich bin gern Mädchen!

Bei den restlichen Eigenschaften dachte ich für mich immer, dass ich diese ebenfalls verkörpere, doch mein Umfeld scheint dies oft anders wahrzunehmen. Ich sei zu verbissen, ich könne nicht wirklich entspannen, ich wäre immer in Bewegung, mir sieht man nicht an, wenn ich mal wirklich Hilfe brauche. Wie und wodurch jemand Entspannung findet muss jeder für sich selbst herausfinden. Ich gehe in kreativen Dingen auf – nur rumhängen ist nicht mein Ding.

Etwas einfach geschehen lassen. Bei diesen Dingen unterscheidet es sich nach Dingen, auf die ich selbst keinen Einfluss habe – die lasse ich geschehen. Ansonsten beiße ich mich fest, bis ich eine Lösung habe.

Loslassen – naja…ich musste schon so vieles loslassen durch Trennung und Tod, dass ich versuche vieles festzuhalten.

Entspannen und Pausen machen habe ich durch die Reha für mich entdeckt. Anfangs gelang mir das alles sehr gut, da ich in dem Moment Single war, im heutigen Familien-Alltag passiert es jedoch wieder, dass ich mehr an andere denke, als an mich selbst. Genau an dieser Sache muss ich arbeiten. Mich einfach fallen zu lassen kann ich, aber meistens habe ich lieber die Kontrolle.

Die männliche Seite mir:

Ich bin schon immer ein Macher gewesen. Durch die Erziehung meines Vaters wurde auch mir als Mädchen vermittelt, dass es vom Grundsatz her nichts gibt, was ich nicht kann.
Werde erstmal etwas, heißt im Umkehrschluss – Du bist noch nichts. In meiner Jugend und Ausbildung war dies ein häufiger Spruch, den ich von verschiedenen Seiten zu hören bekommen habe. Also musste ich Leistung bringen für die Anerkennung, die ich mir so sehr gewünscht habe.

Stark sein musste ich schon viel zu oft und leider auch viel zu früh. Ich hatte keine Wahl, also tat ich das, was so viele von mir erwartet haben. Kraft verkörpere ich, da ich bislang immer einmal mehr aufgestanden bin, als wie ich hingefallen bin.

Denken ist als Blondine eine Sache, wo man mich oft unterschätzt hat, genauso wie beim Rationalen. Früher war ich sehr emotional, empfand vieles auf der persönlichen Ebene. Mittlerweile lerne ich immer besser das emotionale vom sachlichen zu trennen. Ich bin oft hingefallen, war oft nicht gut, so wie ich war. Viele versuchten mich zu beugen und zu brechen. Doch ich bin mir selbst treu geblieben.

Mut verkörpere ich, da ich trotz meiner Geschichte den selbigen nie verloren habe und Veränderungen angenommen und mit gestaltet habe. Ich weiß, wer ich bin und was ich kann und lebe das auch so, ohne mich selbst klein zu machen.

Also verkörpere ich überwiegend männliche Eigenschaften.

Durch die Prägung meiner Kindheit und die damalige Wahrnehmung meiner Eltern haben sich verschiedene Glaubenssätze in mir verankert. Der wohl prägnanteste ist bis heute:

„Du darfst nicht schwach sein!“

Da hatte ich meine Antwort. Sie war so einfach und dennoch brauchte es erst einen Anreiz von außen, damit ich die Zusammenhänge sehen und verstehen konnte. Ich habe selten bis gar nicht zugelassen, dass ich auch mal schwach sein darf. Ich habe das oft bei anderen Frauen (auch meiner Mutter) wahrgenommen, bedauert und für mich selbst strikt abgelehnt. Niemals wollte ich von irgendwem abhängig sein! Zwar habe ich das auch geschafft, bin aber dafür zu sehr in die männliche Schiene gerutscht und mich somit selbst ins Ungleichgewicht gebracht.

That´s it!

Die Erkenntnis ist ja bekanntlich der erste Schritt in die richtige Richtung. Also werde ich versuchen an mir arbeiten. Ich werde versuchen weniger körperliche Arbeiten verrichten, die an sich Männern vorbehalten sind. Wobei ich leider jetzt schon weiß, dass mir das sehr schwer fallen wird. Ich werde öfter um Hilfe bitten und diese dann auch zulassen.

Ich werde versuchen wieder mehr die weibliche Seite zu leben.

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