
Warst Du schon mal so richtig wütend? Ich meine so richtig, richtig wütend??? Ich schon! Mittlerweile immer seltener, aber früher ziemlich oft! Durfte ich wütend sein – Nein! Eher nicht! Reiß Dich zusammen! Also riss ich, was das Zeug hielt. Drückte immer schön alles weg, damit ich mich den Wünschen und Vorstellungen anderer anpasste.
Wut ist ein negativ behaftetes Gefühl und eines der stärksten Gefühle, was man empfinden kann. Vor circa einem 3/4 Jahr war ich das letzte Mal so richtig wütend. 3 Wochen lang! Ununterbrochen! Meine damals beste Freundin und ich hatten uns übelst gestritten. Es lag schon längere Zeit etwas in der Luft. Mein Gefühl sagte mir, dass zwischen uns irgendetwas nicht mehr stimmte, ich konnte bloß noch nicht greifen, was es genau war.
Eines Abends eskalierte die Situation dann völlig. Bei mir zu Hause. Sie ging verbal auf mich los und trat noch nach, als ich bereits mental am Boden lag. Sie kannte besser als jeder andere meine Schwachstellen und bohrte mit dem Finger noch in der Wunde herum. Ich fühlte mich in meinem eigenen Zuhause in die Ecke gedrängt und konnte nicht weg. Danach war erstmal Funkstille.
Zunächst verstand ich überhaupt nichts mehr. Warum ausgerechnet wir zwei? Wie konnte uns das passieren? Wir, die immer über alles sprachen und uns mit den gleichen Themen auseinandergesetzt hatten. Die zwei, die dachten, dass sie theoretisch praktisch vieles über Psyche, Verhalten, das inneres Kind und Kommunikation wüssten.
Wir sind verbal aufeinander losgegangen, haben uns gegenseitig mit Worten zutiefst verletzt. Wir! Warum??? Bis zu diesem Zeitpunkt dachte ich, dass mir so etwas nicht wieder passieren würde. Mit dem Wissen, was ich darüber hatte. Aber weit gefehlt! Vielleicht musste es auch genau deshalb so passieren!?! Um mir zu zeigen, dass auch ich eben nur ein Mensch mit Gefühlen und einem immer noch verletzten inneren Kind in mir bin.
Nach diesem Abend wurde ich extrem wütend! Ich brauchte ein Ventil, da ich nicht wusste wohin mit mir. Also bin ich gelaufen, jeden Tag, Kilometer weit, mit meinem Hund. Mein Hund hat sich natürlich mächtig gefreut und auch hier sollte er sich wieder mal als mein treuester Weggefährte beweisen! Ich bin also gelaufen-immer weiter und weiter. Ich brauchte einen klaren Kopf, da mich diese Wut völlig lähmte. In allem was ich tat. Sie war immer allgegenwärtig! Und blockierte mich. Ich wollte sie weghaben, einfach nur weg! Das funktionierte nur leider nicht und so musste ich sie bewusst annehmen und durchleben.
Die ersten Tage brachten mich nicht wirklich weiter. Dann kam eine Nachricht von ihr, die mich nur noch wütender machte, weil sie so tat, als wäre nichts gewesen. Also rannte ich weiter, bis ich endlich für mich eine Entscheidung getroffen hatte. Die Entscheidung war unangenehm und hart, aber sie fühlte sich für mich in dem Moment absolut richtig an! Für mich hatte sie einige Grenzen klar überschritten und das konnte und wollte ich nicht weiter akzeptieren!!! Es war die Art und Weise wie sie in letzter Zeit mit mir umging und wie sie mit mir sprach. Sie ließ in meinem Haus (wo ich sie eine Zeit lang aufgenommen hatte, da sie nicht wusste, wo sie hin soll) den Chef raushängen und mischte sich in Dinge ein, die sie nichts angingen. Darauf kam ich nicht klar! Absolut gar nicht!!! Da war sie, meine Antwort auf mein seltsames Gefühl! Und mein Gefühl sollte mich wieder mal nicht täuschen! Jetzt konnte ich es endlich klar benennen.
Also knallte ich ihr alles was ich über diese Grenzüberschreitungen und über unsere Freundschaft dachte relativ ungefiltert per Nachricht vor den Latz. Besser wäre wahrscheinlich das persönliche Gespräch gewesen, doch darauf hatte ich absolut keinen Bock!
Die Reaktion ihrerseits auf meine Ansage führte dann dazu, dass sie eine Mauer zwischen uns aufbauen wollte, um sich klar abzugrenzen – damit zunächst jeder für sich auf seiner Seite zu mehr Zufriedenheit gelangen konnte. Zum Erhalt unserer langen Freundschaft! ???
Wir waren an einem Punkt angekommen, wo uns unsere Gespräche nicht mehr nach vorne brachten, sondern eher nach unten zogen. So verliefen an sich die letzten Jahre. Mal hatte die eine ihre schlechte Phase und wurde aufgebaut und mal eben die andere. In der letzten Zeit war ich diejenige, die durchhing. Doch ich wurde ein zu großer Ballast. Sie war gerade dabei sich beruflich umzuorientieren und da konnte sie mich einfach nicht gebrauchen. Ich zog sie runter. Stand ihr bei ihrem Aufwärtstrend im Weg. Und aus diesem Grund lies sie mich fallen. Das tat verdammt weh!
Da es auch nicht das erste Mal war, sondern unsere Freundschaft schon mal aufgrund einer solchen Geschichte vor Jahren beendet wurde, kam ich dann zu dem Entschluss, dass ich eine solche Freundschaft fortan nicht mehr führen möchte! Auch nicht hinter einer Mauer, die man vielleicht irgendwann, eventuell, mit Chance wieder ein Stück weit öffnen könnte. Für mich gab es da nichts mehr, was ich hätte öffnen wollen. Und so trennten sich unsere Wege! Endgültig!
Klar standen sich hier in dem Moment zwei riesen große Egos gegenüber, bzw. gegenseitig im Weg. Aber in mir ist dadurch etwas zerbrochen, was nicht einfach so wieder zusammengeklebt werden konnte. Nachdem ich diese Entscheidung getroffen hatte, die ich auch heute noch genau so wieder treffen würde, verflog die Wut so langsam und ging über in Trauer und Enttäuschung. E N T – T Ä U S C H U N G !!! Doch jetzt, wo ich endlich für mich Klarheit hatte, konnte ich das Ganze langsam verarbeiten. Ich kann nicht gut mit unklaren Verhältnissen leben. Dann lieber einmal knallhart sagen, was Phase ist und dann ist gut! Klarheit! Punkt!
Wir waren gegenseitig unsere Arschengel, die beim anderen jeweils bestimmte Knöpfe so lange gedrückt haben, bis es etwas in uns auslöste. Auf den ersten Blick zwar etwas negatives, doch alles negative bringt immer etwas positives mit sich.
Das Positive für mich an dieser Geschichte wurde erst mit gewissem Abstand für mich sichtbar. Und heute bin ich dankbar dafür, dass es so gekommen ist! Denn nichts im Leben geschieht ohne Grund! Schließt sich irgendwo eine Tür, öffnet sich woanders ein Tor. Jede Niederlage bringt wieder eine neue Chance. Du musst sie nur erkennen und für Dich nutzen!
Und genau das habe ich getan! Ich habe für mich wieder mehr zu mir selbst gefunden. Weiter in Richtung innerer Ausgeglichenheit und Zufriedenheit. Ich empfinde sogar tiefe Dankbarkeit für das was geschehen ist, denn es hat mir die Augen geöffnet für das, was für mich wirklich wichtig ist im Leben!
Durch den tiefen Fall, den ich dadurch zunächst erlitten habe, reagierte mein Körper mit einem totalen Zusammenbruch. Einmal Lichter komplett aus! Bewusstlos! Sanitäter, Rettungswagen – Krankenhaus! Panik, Angst und Hilfslosigkeit in den Gesichtern meiner liebsten Freunde, die glücklicherweise in dem Moment bei mir waren. Ich habe mich anfangs so geschämt dafür! Nachdem alles ein wenig rekonstruiert werden konnte wurde mir jedoch bald klar, dass mir auch hier mein Körper mal wieder gezeigt hat, wo ich meine eigenen Grenzen missachtet und überschritten habe. Mein Körper ist knallhart ehrlich zu mir.
Dieses erschreckende Erlebnis hat mich extrem geerdet. Es hat vieles relativiert und mir gezeigt, wer wirklich an meiner Seite steht!
Dieser zunächst große Schock hat mich Abstand nehmen lassen von einer Denkweise, die für mich in eine falsche Richtung ging. Immer nur nach dem zu streben, was man gerade alles nicht hat und undankbar dem gegenüber, was gerade da ist. Stattdessen bin ich abgesprungen. Wurde demütig! Ich bin zwar hart gelandet, aber ich bin wieder aufgestanden. Habe mein Leben noch weiter entschleunigt und sehe jetzt wieder mit Freude all das was ich habe! Und ich habe so vieles! So vieles was mich stolz und zufrieden macht! Und dafür bin ich endlos DANKBAR!!! Danke für diese wichtige Erfahrung! Und Danke an Dich als einen meiner Arschengel!