Gefühle und Körpersprache

Pandemie-DepriSode Part 1

Heute ist wieder einer dieser Tage…

Wie gelähmt sitze ich Zuhause und finde nichts, was mir Freude macht. Es ist Samstag, Tag 252 @Home in meiner selbst auferlegten Isolation.

Ich kann nicht mehr….Heute erscheint alles, was ich vorhabe zu tun als völlig plan- und sinnlos. Also starre ich verzweifelt Löcher in die Luft- in der Hoffnung einen Sinn für all das hier zu finden.

Mir ist so langweilig und gleichzeitig bin ich irgendwie stehen k.o. Diese Freak-Show macht mich verrückt. Wie lange geht dieser Wahnsinn noch so weiter? Was passiert hier eigentlich gerade? Es wirkt alles so surreal und dennoch passiert das alles tatsächlich.

Meine Gedanken haben mich im Griff. Im nächsten Moment klebe ich am Handy, schlürfe dabei meinen Kaffee und tauche ein in die digitale Ablenkung. Die Breaking News jagen sich heute Mal wieder gegenseitig durch das WorldWideWeb. Die nächsten Beschlüsse stehen kurz bevor.

Mittlerweile sind bestimmte Abläufe zu einer unschönen täglichen Routine geworden. Morgens während mir mein Kaffeevollautomat den ersten Kaffee brüht checke ich schon das Netz. Wie sind die aktuellen Zahlen heute, wie ist die Entwicklung? So starte ich in den Tag, seit Monaten.

Der Tagesablauf wirkt dann fast wie automatisiert, komplett getacktet zwischen Home-Office, Home-Schooling, Haushalt und Kinderbetreuung, bis ich abends völlig k.o. um 22Uhr auf dem Sofa sitze und mir noch einen letzten Krimi reinziehe, um dieser Realität zu entfliehen und runter zu kommen. Wenn ich Pech habe, schlafe ich direkt nach kurzer Zeit auf dem Sofa ein, wache erst irgendwann spät in der Nacht wieder auf und schleppe mich dann für die verbleibende Zeit bis zum Weckerklingeln ins Bett.

Und so vergehen die Tage, einer wie der andere.

Außer an Tagen wie diesen…Da funktioniert das Schema F nicht, die Alltags-Rountine, die man sich zurechtgelegt hat, damit man nicht durchdreht.

Heute ist wieder so ein Tag. Zwar hätte ich noch genug Aufgaben die sich wünschten erledigt zu werden. Doch heute bin ich ein Totalausfall. Flasche leer! Aber komplett. Mein Körper sackt in sich zusammen, mein Kopf ist wie in Watte gepackt. Alles fühlt sich dumpf an und ich spüre mich selbst kaum noch.

Die Energie, die ich sonst habe, wenn ich fit bin, ist wie weggesackt. Dieser Zustand ist schwer zu beschreiben, doch es ist, als hätten mir mehrere Dementoren all meine glücklichen Erinnerungen ausgesogen. Vielleicht beschreibt das ganz gut, wie es sich anfühlt!? Bei Dementoren hilft dann Schokolade, aber davon hatte ich in den letzten Monaten schon zu viel.

Zu Beginn der Pandemie hatte ich alle 6-8 Wochen mal so einen schlechten Tag dazwischen. Wird schon. Morgen geht’s schon wieder – und so war es meist auch. Gönn Dir diese Auszeit, es läuft ja nichts weg. Generell richtig, doch ich beobachte, dass die Abstände mittlerweile immer kürzer werden.

Heute ist schon Tag 273 @Home. Ich weiß, mir geht’s gut. Ich habe eigentlich nichts auszustehen. Ich kann im Home-Office weiter arbeiten, verdiene nach wie vor das gleiche Geld, habe keinen Arbeitsweg mehr und kann mich um meine Tochter im Home-Schooling kümmern. Ich habe ein Haus mit Garten und lebe ländlich, kann also viel spazieren gehen. Ich dürfte mich eigentlich nicht beklagen. Und obwohl ich schon vor der Pandemie für all das was ich habe dankbar war, gibt es Tage wie diese. Und je länger das alles andauert, desto häufiger kommen sie vor.

Ich bin mit Sicherheit nicht die einzige, der es so geht. Aber, darf ich das überhaupt laut sagen? Es gibt viele, denen geht es gerade wesentlich schlechter als mir. Ich höre dann, aber Du wolltest doch immer ins Home-Office und jetzt ist es wieder verkehrt. Nein, ist es nicht. Das Home-Office ist nach vor cool. Da war aber auch noch nicht die Rede von monatelangem Home-Schooling, plötzlich doch komplett alleinerziehend, Rebell-Phase der Tochter und das sich Lockdown-Light, Flock-Down und Longdown die Klinke in die Hand geben.

Das nervt einfach langsam! Aber erzählst Du, dass Du langsam nicht mehr kannst, dann hieß es neulich: Achja, Du hattest vor ein paar Jahren ja schon mal so Probleme. Alter! Geht´s noch?

Kurz vorher gab es schon mal so eine ähnliche Geschichte. Ich sendete meiner liebsten Freundin eine Sprachnachricht und ja, ich gebe zu, ich hab etwas gejammert und mich ausgekotzt. Muss halt manchmal sein, wenn Du seit Monaten zu Hause sitzt und kaum jemand außerhalb der eigenen vier Wänden mit Dir spricht. Normal – denke ich. Als Antwort gab es lieb gemeinte Durchhalte-Parolen. Klar, so langsam hängen alle durch und ich behaupte mal, dass ich noch zu denen gehöre, die immer versucht, das Beste aus der Situation zu machen. Ich weiß, ich bin eine starke Frau. Doch das Problem bei starken Frauen ist, wenn sie tatsächlich mal nicht mehr können, sieht und glaubt es keiner. Denn…die kriegt doch sonst auch alles alleine hin.

Nach wochenlangem Multitasking aus Home-Office und Home-Schooling – von 7 Uhr bis manchmal 22 Uhr durchgetaktet zu sein, von jetzt auf gleich plötzlich zur Hausfrau verdonnert, die aus Verzweiflung , ihren selbst auferlegten Kontaktbeschränkungen und dem dringenden Wunsch nach irgendeiner Ablenkung Dinge aufräumt und putzt, die man sonst nur maximal 1 Mal im Jahr auf- oder umräumt. Dank des neu erworbenen Kärchers waschstaubsauge ich im Moment alles, was mir unter die Flinte kommt. Erst das Sofa, dann meine Autositze, dann den Schlafzimmer-Teppich. Und das, obwohl doch eh keiner kommt. Aber, wenn dann irgendwann wieder jemand kommt, dann…Dann kann ich sagen, alles feddich!

Zu Anfang der Pandemie hatte sich bei einigen der Irrglaube gefestigt, dass Home-Office ja eigentlich gar keine richtige Arbeit ist. Man ist ja schließlich zu Hause. Kann es sich einteilen, und sitzt bei schönem Wetter auf der Terasse und lässt es sich gut gehen. Von wegen!

Denn auch im Home-Office hat man einen gewissen Druck und ich wage zu behaupten, der ist sogar noch etwas größer als in der Dienststelle. Als alleinerziehende Mama will man natürlich beweisen, dass man das hinbekommt. Die Ziele und Erwartungen sind nicht plötzlich vergessen, nur weil Mutti sich um den Nachwuchs zu Hause auch noch kümmern muss. Da wird drauf vertraut, dass die erweiterten Arbeitszeiten auch bis in die späten Abendstunden ausgeschöpft werden. Natürlich wird das auch genutzt, nur das funktioniert eben auch nicht jeden Tag.

Und die Abstände der Tage an denen es nicht funktioniert, an denen ICH nicht mehr funktioniere werden immer kürzer…

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