Gefühle und Körpersprache

Angst

Es gibt viele Dinge, die einem Angst machen können. Die Gründe sind bei jedem andere. Ob Phobien, Exsistenzängste oder sogar richtige Panikattacken. Auch die Ursachen sind vielschichtig.

Manche stammen aus unserer Kindheit, manche entstehen durch ein erlebtes Trauma und wieder andere treten erst im Laufe der Zeit auf und verändern sich auch immer mal wieder.

Wurdest Du beispielsweise als Kind immer zurückgehalten und durftest Deine Erfahrungen nicht selbst machen, kann sich in Dir eine tiefe Verunsicherung Dir selbst gegenüber verankern. Dadurch kann es passieren, dass Du Dir dann im Erwachsenenalter nur wenig zutraust, da Du immer klein gehalten wurdest. Dir fehlt ein gewisses Urvertrauen in Dich selbst.

Unfälle können ein Trauma hervorrufen. Die Angst wird durch das Geschehene ausgelöst. Wie zum Beispiel bei einem Sturz vom Pferd. Hier wäre wahrscheinlich der beste Ansatz, direkt wieder aufzusteigen, doch es braucht dennoch eine gewisse Zeit, um das Geschehene komplett zu verarbeiten. Bei manchen ist das Trauma jedoch so stark, dass man sich dem Geschehenen gar nicht stellen kann und ähnliche Erlebnisse können dann sofort wieder diese Angst oder sogar Panik auslösen.

Und dann gibt es die Ängste, die erst mit der Zeit entstehen, weil man als Erwachsener einfach zu verkopft durch die Gegend läuft.

Wenn ich an meine Kindheit und Jugend zurückdenke waren wir ziemlich sorglos. Wir waren die Helden unserer Zeit. Als Kind spielte ich in meiner Wohngegend mit meinen Kumpels und Kumpelinen und kam erst zum Abendessen wieder nach Hause, ohne dass meine Eltern die ganze Zeit wussten, wo ich bin. Wir kletterten auf die höchsten Bäume, badeten in Bachläufen und hatten viel Fantasie. Über irgendwelche Konsequenzen machten wir uns damals noch keine Gedanken. Wir wollten die Welt erobern und konnten alles sein.

Doch diese wunderbare Fähigkeit wird uns leider schon ab der Grundschule langsam abtrainiert. Ein Satz, den ich damals immer wieder hörte war: Jetzt beginnt der Ernst des Lebens! Und ich dachte: Wer ist eigentlich dieser Ernst?

Als meine Tochter in die 3. Klasse und in Deutsch das erste Mal mit einer 4 nach Hause kam, war ich zunächst ziemlich ratlos. Auf Nachfrage bei der Lehrerin hieß es, dass meine Tochter wohl jetzt merken würde, dass sie doch mehr tun muss. Erst durch Gespräche mit anderen Eltern kam heraus, dass an unserer Grundschule die ersten 2 Jahre nach Gehör geschrieben wurde und die Kids eigentlich alles schreiben konnten, wie sie wollten. Dann ab der 3. Klasse wurde nun plötzlich die Rechtschreibung bewertet. Aber anstatt dies auch so zu kommunizieren, werden die Kinder unter Druck gesetzt, fühlen sich als Versager und verlieren den Spaß an der Schule. Schon hier vergleichen sich die Kinder und meine Tochter fragte mich ernsthaft, ob ich sie jetzt wegen der 4 weniger lieb haben würde? Zack! Angst! Druck! Stress! Und keine Lust mehr auf Deutsch! Dankeschön!

Als ich damals Mama wurde veränderten sich meine Ängste. Vor Spinnen hatte ich früher Angst, nach der Trennung war aber kein anderer mehr da, der diese hätte beseitigen können. Also war ich als alleinerziehende Mama gefordert und in dem Moment willst Du diese Angst vor Deinem Kind nicht zeigen. Ich habe versucht hier ein Vorbild zu sein und meine Angst nicht auf meine Tochter zu übertragen. Sie sollte sich ihr eigenes Bild von Spinnen machen. Denn Ängste kann man ja leider auch schüren. Dadurch, dass ich mich hier meiner vermeintlichen Angst stellen musste, war sie auch plötzlich gar nicht mehr so groß wie ich dachte. Mittlerweile finde ich Spinnen sogar sehr faszinierend!

Vor 3 Jahren stand ich das erste Mal mit meiner Tochter im Urlaub oben auf einer Klippe! Meine Tochter wollte unbedingt von da oben runterspringen. Als ich in ihrem Alter war, bin ich mit meinem Papa ständig darunter gesprungen, ohne auch nur eine Idee davon zu haben, was Angst in dem Zusammenhang bedeutet. Jetzt, über 30 Jahre später, stand ich da oben und da lernte ich sie kennen. „Moin! Darf ich mich vorstellen? Ich bin Deine Höhenangst!“
Da stand ich nun und schaute vorsichtig die Klippe runter. Sollte ich wirklich diese gefühlten 10 Meter springen? OMG!!! In Wirklichkeit waren es maximal 4 Meter bis zur Wasseroberfläche, aber für mich fühlten sie sich anders an!!!!

Mein kleiner Wirbelwind schaute mich aufgeregt an und sagte nur: Mama, wenn Du springst, springe ich auch!!! Und…boah was soll ich sagen? Es fiel mir echt schwer! Sollte ich mein kleines Mädchen enttäuschen? Oder konnte ich über meinen Schatten springen? Es hat zwar eine gewisse Zeit gedauert, und es ist leider Fakt, je länger Du Dir Gedanken machst, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass Du es nicht tust! Also dachte ich mir, komm Frl! 10 Sekunden Mut, Augen zu und runter! Und so bin ich gesprungen. Und es war ein irres Gefühl! Hammer! Wir mussten gleich nochmal springen!

Manchmal kommen Ängste eben auch ganz plötzlich zum Vorschein. Das heftigste Erlebnis hatte ich in der kreativen Körpertherapie in meiner Reha. Dort sollten wir zunächst auf Socken durch den Raum laufen und uns dann einen Partner suchen (fremde Person) und unsere Füße sollten sich berühren. Mein Partner berührte mich nur ein einziges Mal und dann war vorbei! Ich stand wie angewurzelt da, mir wurde knallheiß – die Hitze stieg von unten hoch in meinen Kopf und ich fing plötzlich an zu schwitzen. Mein Herz raste, ich brachte kein Wort mehr raus und mir schossen die Tränen in die Augen. Ich wollte nur noch weg, konnte aber nicht. Also stand ich da und heulte. Ich war gefangen in meiner Angst!

Das schöne an solchen Gruppen ist, dass alle Dich irgendwie verstehen. Und so fing mich die Gruppe auf. Dass sich Angst bei mir in so einer extremen Form zeigte, hatte ich so noch nicht erlebt. Anfangs hatte ich es so gedeutet, dass der Zusammenhang darin bestand, dass ich als Jugendliche immer wegen meiner Füße gehänselt wurde. Der prägnanteste Begriff war Häuptling langer Zeh! Dafür habe ich mich mein halbes Leben lang geschämt! Und durch so eine kleine Berührung, durch eine völlig fremde Person, kam nun all die Angst und Scham zum Vorschein.

Es war in meiner Jugend lediglich ein dummer Spruch, der an sich lustig gemeint war, doch er hat tief gesessen. So tief gesessen, dass ich es bis heute nicht ertragen kann, wenn mich andere Füße berühren. Außer die Füße meiner Tochter! Die kann ich sogar anfassen. Aber andere Füße – no way!!! Nicht mal die meines Freundes! Never ever! Ich hasse Füße!

Da auch Jahre später dieses Thema immer noch präsent war, habe ich mich weiter damit beschäftigt. Irgendwann hatte ich dann meine Antwort. Ich wurde als Kind mal getreten, im Suff von meiner Mutter. Natürlich tut man so etwas nicht, doch meine Mama war damals oft nicht sie selbst. Ich mache ihr daraus auch heute gar keinen Vorwurf mehr. Ich habe dadurch nur endlich die Antwort auf meine Phobie.

Und dieses Bewusstsein, zu wissen, woher etwas kommt, kann wahre Wunder bewirken! Zwar fasse ich immer noch keine fremden Füße an und sie dürfen mir auch nicht zu nahe kommen, doch ich reagiere schon wesentlich entspannter als vorher.

Das alles ist nur ein Beispiel aus meiner eigenen Geschichte. Jeder wird ähnliches in dieser Form kennen. Der Schlüssel für mich ist einfach nur, sich dessen bewusst zu werden. Denn nur, wenn Du Dir dieser Sachen bewusst wirst, kannst Du selbst für Dich daran arbeiten.

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